Lavendel – Lavendula augustifolia

Wie schon am Anfang des Jahres versprochen, stelle ich diesen Monat auch die Arzneipflanze des Jahres 2020 – den Lavendel – vor. Nach der Heilpflanze des Jahres im letzten Monat – der gemeinen Wegwarte – hier also nun die Arzneipflanze des Jahres 2020. Viele werden sich fragen, wo ist der Unterschied?
Die Heilpflanze des Jahres wird seit 1990 in Deutschland benannt. Zuerst vom Verband der Heilkräuterfreunde Deutschlands e.V. und seit 2003 vom Verband zur Förderung der naturgemäßen Heilweise nach Theophrastus Bombastus von Hohenheim, besser bekannt unter dem Namen Paracelsus (NHV Theophrastus). Diesem Verband geht es vorrangig darum altes Heilpflanzenwissen zu erhalten und zu verbreiten.
Die Arzneipflanze des Jahres wiederum wird seit dem Jahr 1999 jährlich durch den interdisziplinären Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde am Institut für Geschichte der Medizin der Universität Würzburg ausgerufen. Diesem Gremium geht es darum, die Bedeutung der Pflanzen in der Medizin und ihre pharmazeutische Nutzung betonen.
Die Geschichte des Lavendel
Plinius (23-79 v.Chr.) zum Beispiel schrieb über die Römer, dass sie den Lavendel benutzten, um ihr Badewasser zu parfümieren. So leitet sich der Name Lavendel von „Lavare“ also baden ab.
Dioskurides erwähnte im 1. Jahrhundert nach Christus in seiner Schrift Materia Medica den Lavendel (Lavandula stoechas) als gutes Mittel gegen Brustleiden und als Antidot (Gegenmittel). Er beschieb die Herstellung von Lavendelwein und Lavendelessig welcher Schleim lösen, Blähungen beseitigen und sogar gegen Epilepsie helfen solle.
Die Klosterheilkunde rühmte den Lavendel als Mittel gegen Magenschmerzen und Blähungen. Odo Magdunensis, ein Mönch aus dem Loire-Tal, beschrieb ihn Ende des 11. Jahrhunderts in seinem „De viribus herbarum“ und später dann in der erweiterten Ausgabe „Macer floridus“. Hildegard von Bingen (1098 – 1179) schrieb über den Lavendel in ihrer naturkundlichen Schrift Physica: „Der echte Lavendel ist warm und trocken, weil er wenig Saft hat. Und er nützt dem Menschen nichts zum Essen, hat aber doch einen starken Duft. Und wenn ein Mensch, der viele Läuse hat, oft am Lavendel riecht, sterben die Läuse an ihm. Und sein Duft macht die Augen klar, weil er die Kraft sehr starker und auch die Nützlichkeit sehr bitterer Spezereien in sich hat, und daher fesselt er viele üble Dinge,…“
Für den 4 Diebeessig, der vor der Pest schützen sollte, wurden je einen Esslöffel Salbei/Rosmarin/Thymian und Lavendel mit ¾ Liter Apfelessig angesetz und in einem warmen Zimmer zwei Wochen ziehen gelassen. Dann abseihen und morgens mit einem halben Glas Wasser und einem Esslöffel Essig gurgeln. Das „Rezept“ stammt von „Leichenfledderern“ aus Frankreich, die zu Pestzeiten ohne Angst ihrem „Handwerk“ nachgingen. Auch in den sogenannten Pestmasken war Lavendel ein Bestandteil der Kräuter.
Nicholas Culpeper (1616-1654) beschrieb den Lavendel als Heilmittel bei Stimmverlust, Herzbeschwerden und Ohnmachten (Herbal 1652, vorher The English Physician). William Salmon (1644-1713) empfahl ihn als Mittel zur Einnahme und zum Auftragen auf die Wunden bei Schlangenbissen und anderen Bissen gefährlicher Kreaturen (Botanologia: The English Herbal, 1710)
Auch streute man Lavendel auf die Böden von Schlössern und von Krankenhäusern um diese zu desinfizieren und parfümieren. Lange wurde Lavendel zudem zur Wunddesinfektion bei Soldaten verwendet. Als Mittel gegen Läuse ist er schon lange bekannt und wird heute sogar wieder bei Befall mit Kopfläusen empfohlen (siehe Zitattext oben).
Die gleiche abschreckende Wirkung hat der Lavendel auch in Kissen genäht gegen Kleidermotten.
Sie sehen: Lavendel ist eine wunderbare Arzneipflanze, bis heute! Warum dies auch nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen so ist, dazu mehr im nächsten Kapitel.
Der Einsatz von Lavendel in der Phytotherapie
So wie schon in der Frühzeit von Plinius beschrieben, wird Lavendel auch heute noch häufig zum Baden und Waschen benutzt. So wirkt er gegen Parasiten wie Milben oder die oben genannten Läuse. Die entspannenden Badezusätze wirken aber nur, wenn es sich um reine ätherische Öle oder direkten Aufguss aus den Blüten handelt. Bei synthetisch hergestellten sogenannten naturidentischen Düften wartet man auf diese Wirkung vergeblich! Daher sollte man beim Kauf auch auf das „Kleingedruckte“ achten. Ein Lavendelbad hat eine sehr beruhigende und angstlösende Wirkung. Verwendet man reine ätherische Öle, müssen diese in Sahne oder Milch emulgiert werden, damit sie sich mit dem Badewasser vermischen können. Näheres dazu werde ich bei meinem Seminar über ätherische Öle, an der VHS in Eckernförde erläutern.
Lavendel kann aber noch viel mehr, wie schon aus kurzen der geschichtlichen Abhandlung hervorgeht. Die Blüten haben auch eine keimabtötende Wirkung. So gibt es Studien aus Krankenhäusern in Italien welche nachweisen, dass bei Raumbeduftung und Flächenreinigung mit ätherischem Lavendelöl die Keimbelastung deutlich reduziert wird. Eine Kurzfassung der Studie kann man bei der Carstens Stiftung nachlesen.
Des weiteren hat Lavendelöl eine pilzabtötende Wirkung, kann also zum Beispiel bei Haut-, Fuß- oder Nagelpilz zum Einsatz kommen. Es ist hautverträglicher als das ebenfalls wirksame Teebaumöl oder Manukaöl und muss nicht zwingend verdünnt werden. Außerdem riecht es besser.
Seine Angstlösende Wirkung wurde in mehreren Studien, auch im Vergleich mit dem gängigen Wirkstoff Lorazepam® nachgewiesen. Der Vorteil ist, dass es nicht müde macht, es zu keiner Abhängigkeit kommt und man seinen Alltag besser meistern kann. Es ist als Fertigarznei unter dem Namen Lasea® in jeder Apotheke verfügbar. Sollte allerdings nur unter Kontrolle eines Heilpraktiker oder Arztes eingesetzt werden. Auch hier gilt die Aussage von Paracelsus „nur die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist!“
Neben seiner beruhigenden hat Lavendel aber auch eine krampflösende Wirkung, so dass ein Massageöl mit ätherischem Lavendelöl gemischt gegen verschiedene krampfartige Beschwerden eingesetzt werden kann. Dazu zählen Menstruationkrämpfe, Muskelverspannungen, aber auch Spannungskopfschmerz und Migräne. Es beruhigt und pflegt die Haut auch nach einem Sonnenbrand.
Egal, ob als Tee mit frischen/getrockneten Blüten, als Bad mit ätherischem Lavendelöl oder als Fertigarznei zubereitet, Lavendel wirkt angstlösend, ausgleichend, beruhigend und entspannend! Also genau das, was wir in dieser aufwühlenden chaotischen Zeit oftmals so dringend brauchen.
Neues aus der Praxis Heilkraut
Wie schon erwähnt, führe ich in den nächsten Monaten verschiedene Wanderungen und Seminare in Zusammenarbeit mit der VHS in Eckernförde durch. Dazu zählt auch das oben erwähnte Seminar über ätherische Öle. Des weiteren wird es Heilkräuterwanderungen (eine im September und eine im Mai 2021) so wie ein Seminar über Heilpflanzen bei Erkältungskrankheiten geben. Über die Corona-Schutzregeln werde ich jeweils informieren.
Da der Aktionsmonat Mai Naturerlebnis dieses Jahr Corona bedingt ausfallen musste, plant die Projektleitung ein „Herbst-Natur-Wochenende“ vom 2.10.-4.10.2020. Selbstverständlich werde auch ich wieder dabei sein. Sobald es genauere Informationen gibt, erfahren Sie es hier oder auf meiner Facebook Seite.
Bis dahin, bleiben Sie gesund und wenn Sie Rat und Hilfe benötigen, wenden Sie sich gerne an mich!
Ihre Charlotte Bronst