Die Weide – Heilpflanze im März

Die Weide – Salix alba

Immer wieder werde ich auf den Heilkräuterwanderungen, wenn ich die Weide und die heilende Wirkstoffe  ihrer Rinde erkläre gefragt, wann man die Weidenrinde am besten „ernten“ kann. Jetzt im März/April, bevor sie Blätter bekommt ist die beste Zeit! Daher möchte ich mich in diesem Monat ausführlicher mit der Weide als Heilpflanze beschäftigen. 

Neben dem Erntezeitpunkt ist es auch wichtig zu wissen, dass die meisten Wirkstoffe in der Rinde der 2-3 jährigen Zweige steckt. Diese sind etwa so dick wie ein kleiner Finger. Die Rinde lässt sich mit einem scharfen Messer leicht abziehen, im Anschluss wird die Rinde in kleine Stücke geschnitten und zum Trocknen an einen warmen luftigen Ort gelegt. Das Trocknen kann unter Umständen durchaus ein paar Monate dauern. Jetzt aber erst einmal zur Geschichte der Weide.

Die Geschichte der Weide

Neben dem praktischen Nutzen wie zum Flechten von Körben und zum Hüttenbau zum Beispiel bei den Wikingern, den die Weidenzweige hatten, haben die Menschen schon sehr früh ihren medizinischen Nutzen bemerkt. Schon in der Steinzeit entdeckten die Menschen die Heilwirkung der Weidenrinde, als fiebersenkende und schmerzlindernde Arznei. So war die salicylhaltige Rinde aber auch in den alten Hochkulturen Indiens, Vorderasiens und Mesopotaniens bekannt. Die ältesten Belege für die Anwendung der Weide als fiebersenkende, schmerzlindernde Arznei finden sich aber auf assyrisch- babylonischen Tontafeln um 700 vor Christus. In späteren Zeiten wurde das Wissen über die heilenden Wirkungen der Weiderinde vor allem von den Heilkundigen in Klöstern bewahrt und weitergetragen. Dazu gehörten neben Paracelsus auch Hildegard von Bingen. Die Blätter der Weide wurden in dieser Zeit ebenfalls als harntreibendes Mittel eingesetzt. 

Nachdem es Anfang des 19. Jahrhunderts gelungen war den Wirkstoff Salicylsäure zu extrahieren, wurde dieser Wirkstoff Ende des Jahrhunderts von der Firma Bayer synthetisch hergestellt und unter dem Namen Aspirin® vermarktet.

Viele Mythen reihen sich um die Weide, die als abgeschnittener Ast in den Boden gesteckt schnell wieder austreibt. Deshalb wurde sie als Lebensbaum verehrt, als Todesbaum gefürchtet oder als Hexenbaum gemieden In der griechischen Mythologie war sie die Wohnstätte der Demeter, der Göttin der Fruchtbarkeit und des Wachstums. Bei den Kelten spielte die Weide eine besondere Rolle, sie feierten zur Zeit der Weidenblüte das Fest der Wiedergeburt. Die Weiden wurden der Mondgöttin, der Spenderin des Wassers zugeordnet. Im germanischen Volksglauben war die Weide wiederum ein Baum der Geister und Hexen. Man sah sie auf Weidenreisigbesen durch die Luft fliegen oder in der Dämmerung um den Weidenbaum herumtanzen.

Phytotherapeutischer Einsatz der Weiderinde

Unter dem Namen Aspirin® oder ASS für Acetylsalicylsäure kennt man sowohl die Wirkung als auch die Nebenwirkung dieses isolierten Wirkstoffes. Wie es aber in der Natur so üblich ist, sind alle Pflanzen sogenannte „Vielstoffgemische“, das heißt es gibt nicht nur diesen einen Wirkstoff, sondern einen ganzen Potpourri an Wirkstoffen, die bei den einzelnen Pflanzen wirken. Daher ist die  Gefahr von Blutungen, die ja bei dem isolierten Wirkstoff Salicylsäure nicht ungefährlich ist (aber auch niedrig dosiert als Wirkung genutzt wird) bei der Weiderinde fast ausgeschlossen. So wird sie in der Naturmedizin weiterhin eingesetzt um ihre Wirkung zu entfalten und die Nebenwirkungen zu minimieren.

Der Wirkstoff Salicin ist selbstverständlich der bekannteste, er wirkt antiseptisch, fiebersenkend, schmerzstillend und entzündungshemmend. Also genauso wie der synthetische Wirkstoff, aber nicht so schnell und auf Grund weiterer Pflanzenstoffe wie den Flavonoiden mit deutlich weniger Nebenwirkungen. Auch hier kann bei einer Überdosierung eine leichte Blutungsneigung auftreten, aber nicht in der Ausprägung. 

Aber auch äußerlich als Bad oder feuchte Kompressen kann die Weidenrinde durch ihre Gerbstoffe desinfizierend und „zusammenziehend“ sowohl bei Hautirritationen als auch gegen Schuppenflechte helfen. Sie weicht Hornhaut auf und trägt zur „Schälung“ der oberen Hautschicht bei. Bei schwitzigen Füßen kann ein Bad ähnlich wie bei Salbei trocknend wirken. 

Als Tee oder Fertigarznei wird die Weidenrinde gegen Schmerzen wie Arthritis oder Rheuma so wie bei Gicht angewendet. Sie wirkt entwässernd aber auch stopfend und bei Gicht sorgt sie für eine schnellere Ausscheidung der Harnsäure. Die Weidenkätzchen enthalten Bromkalium, ein Tee daraus kann bei nervöser Schlaflosigkeit, ähnlich wie Lavendel oder gegen Menstruationsbeschwerden eingesetzt werden.

Die normale Tagesdosis beträgt 8-15 g (1 Teelöffel = 1,5 g), bei sehr starken Schmerzen bis zu 30 g/Tag für maximal 4 Wochen. Bei der Höchstdosis kann es durch die sogenannte Plättchenaggregationshemmung zu einer „Blutverdünnung“ kommen, das heißt, das Blut gerinnt langsamer. Für Kinder unter 12 Jahren gibt es keine Erfahrungswerte, daher sollten sie möglichst keine Produkte der Weide zu sich nehmen, bis 16 Jahre liegt die Maximaldosis bei 20 g/Tag. Hier ist vielleicht das echte Mädesüss eine Alternative.

2 jährige Weidezweige
2 jährige Weidezweige
Weidekätzchen
Weidekätzchen
So sieht ein "geschälter" Weidezweig aus. Nach dem Trocknen kann die Rinde kleingeschnitten in einer Dose gelagert werden.
So sieht ein „geschälter“ Weidezweig aus. Nach dem Trocknen kann die Rinde kleingeschnitten in einer Dose gelagert werden.

So seid Ihr für die nächste Erkältungszeit gewappnet, bei Fragen wendet Euch vertrauensvoll an mich.

 

Eure Charlotte